Heute ein wenig Theorie – wie schnell können mit 802.11ac Daten ausgetauscht werden. Ist das schneller als mit einem Kabel? Wer das nachfolgende nicht lesen will – Antwort: Nein – nur in der Theorie können 6.9GBit über ein 802.11ac WLAN übertragen werden.
Im darauf folgenden „richtigen“ WLAN funkte man zunächst bis 11 MBit/Sekunde nach dem 802.11b-Standard, dann ein paar Jahre später mit 54MBit durch den schnelleren 802.11g Standard.
Der für mich berühmteste Vertreter der damaligen 802.11g Generation war der Linksys WRT54G. Die Welt war in Ordnung – ein paar freie Kanäle auf dem 2.4GHz Band und wenig Verbreitung von WLAN machten das Leben eines IT Admins einfach. Dann kam 802.11n – lange Zeit in einer Draft Version – „könnte so aussehen“. Eine Antenne am Sender und Empfänger kann bis 150MBit übertragen. Mit drei Antennen also einfach bis 450MBit. Mit 802.11n kam zusätzlich das 5GHz Band. Mehr Kanäle, die sich nicht mehr überlagerten.
802.11ac – wurde schon im November 2013 verabschiedet und ist damit nach 802.11, 802.11a, b, g, n der fünfte Standard. Im 5GHz Band gibt es eine theoretische maximale Bandbreite von 6.9GBit / Sekunde. Wie wir dahin kommen folgt:
Knapp 7GBit – das klingt erst einmal wahnsinnig fortschrittlich, wird aber ohne echtes Hexenwerk erreicht. Im Vergleich zu 802.11n gibt es an Innovationen:
- parallele Sende und Empfangseinheiten (MIMO bzw. MU-MIMO bis 8×8)
- eine effizientere Modulation 256QAM
- breitere Übertragungskanäle bis 160MHz
Was bedeutet der Wahnsinn jetzt? Ich versuche einmal zusammenzufassen:
Das Modulationsverfahren
Komplexer Mathematischer Wahnsinn und die absolute Daseinsberechtigung der Chip Hersteller Atheros, Broadcom, Intel u.a.
Die Quadraturamplitudenmodulation (QAM) kombiniert dabei Amplituden- und Phasenmodulation. Sinn dahinter: Mehr Daten in kürzerer Zeit zu übertragen.
Wichtig: Ein Funkkanal kann nur entweder senden oder empfangen – klarer Nachteil gegenüber Kabeln oder Glasfasern.
Amplitudenmodulation – sieht so aus:
Danach setzt es leider bei mir auch aus – die Phasenmodulation sprengt dann ein wenig mein Verständnis:
Sieht aber cool in einer Animation aus:
dazu kommt noch das…
Guard Interval
Das „Schutzintervall“ wird eingesetzt um zu verhindern, dass sich Übertragungen vermischen. Da in typischen WLAN Umgebungen Reflexionen und Echos überall vorhanden sind ist das Guard Interval extrem wichtig. Leider macht es die Übertragung ein wenig langsamer. Es gibt lange oder kurze Guard Intervalle im WLAN (LGI, SGI).
Wie lange dauert das? Bei 802.11n 0,8 oder 0,4μs Mit 802.11ac sind wir jetzt sind wir im Nanosekunden Bereich angekommen.
Um es dann wieder ein wenig einfacher zu machen gibt es den MCS Index (Modulation and Coding Scheme) Von diesen Indizes gibt es zehn Stück:
https://de.wikipedia.org/wiki/IEEE_802.11ac
oder auch hier
http://mcsindex.com
Was kostet auf dem Funkanal noch Zeit und bremst somit die Übertragungsrate?
Beacons
Access Points verschicken regelmässig sog. Beacons mit Informationen zum WLAN – es sind spezielle Datenpakete mit denen die WLAN Clients in Reichweite informiert werden.
Der Beacon Frame zeigt u.a. die SSID, das Verschlüsselungsverfahren und die maximale Datenrate.
Übertragungskanäle / Kanalbandbreite
Im Gegensatz zum schmalen 2.4GHz Band gibt es im 5GHz Band ein paar mehr 20MHz breite Kanäle um Daten zu übertragen. Diese sind in Bänder geordnet:
- UNII-1 von 5180-5240MHz – vier 20MHz Kanäle
- UNII-2 von 5260-5700MHz – fünfzehn 20MHz Kanäle
- Upper-ISM / UNII-3 von 5745-5825MHz – nicht in Deutschland freigegeben
Sind zwar relativ viele freie 20MHz Kanäle aber bei einer Kanalbandbreite von 160MHz wird es wieder eng.
Das zusammenfassen vieler 20MHz Kanäle erhöht den Datendurchsatz erheblich. Bei 802.11n gab es 40MHz Kanäle, 802.11ac brachte 80MHz und 160MHz an den Start. Kleine Komplexität: Ein 80MHz Kanal besteht aus vier zusammenhängenden 20MHz Kanälen – ein 160MHz Kanal kann aus zwei 80MHz Kanälen zusammengefasst werden, die nicht direkt beinander liegen.
Der Datendurchsatz
Erhöht sich grob proportional, also schafft man durch einen 40MHz Kanal knapp doppelt soviel Daten wie durch einen 20MHz Kanal.
Der genaue Faktor um die Geschwindigkeit zu berechnen:
Kanalbandbreite
|
Faktor
|
20MHz
|
52
|
40MHz
|
108
|
80MHz
|
234
|
160MHz
|
468
|
Damit es nicht langweilig und zu trivial wird haben die Regulierungsbehörden (FCC in USA, ETSI in Europa) die Dynamic Frequency Selection (DFS) eingeführt. Mit DFS kann im WLAN automatisch der Kanal gewechselt werden, wenn im 5GHz Band ein anderes Gerät erkannt wird – im 5GHz Bereich finden sich u.a. Wetterradarsysteme, die nicht gestört werden sollten. DFS muss in den Kanälen 52-64 und 100 bis 140 angewendet werden und ist direkt in die Chipsets der Hersteller integriert. Ohne DFS keine Zulassung!
Parallele Sende- / Empfangseinheiten (MIMO, MU-MIMO)
MIMO (Multiple Input Multiple Output) und die MU-MIMO (Multi User MIMO) ist ein Verfahren mehrere Antennen zur Erhöhung der verfügbaren Bandbreite zu nutzen. Die einzelnen Datenströme werden hier Spatial Stream genannt. 802.11n unterstützt vier, 802.11ac bis zu acht Spatial Streams. Die Anzahl ist massgeblich für die zur Verfügung stehende Bandbreite verantwortlich. Der Multi-Stream-Betrieb ist wesentlich komplexer zu berechnen als ein Single-Stream-Betrieb, da mehrere Spatial Streams in einer Übertragung kombiniert werden müssen. Die Anzahl der Streams kann nicht grösser sein als die Anzahl der zur Verfügung stehenden Antennen.
Normales MIMO überträgt mehrere Spatial Streams an einen einzelnen Empfänger. MU-MIMO überträgt an mehrere Empfänger. Beispielsweise kann ein 4×4 Accesspoint gleichzeitig mit vier 1×1 Clients oder Empfängern kommunizieren, ein 3×3 AP mit einem 2×2 und einem 1×1 Empfänger gleichzeitig. MU-MIMO erhöht die Anzahl der gleichzeitigen Benutzer.
Eine Sonderform ist das Space Time Block Coding (STBC), in der der Accesspoint mit mehreren Antennen einen einzelnen Spatial Stream an einen Client schickt. Dies erhöht die Zuverlässigkeit für den Empfänger. 802.11ac definiert STBC für 2×1, 4×2, 6×3 oder 8×4.
Die MIMO Nomenklatur
(Anzahl der sendenden Antennen) x (Anzahl der empfangenen Antennen) : (Anzahl der unterschiedlichen Spatial Streams)
- 2×2:2 bedeutet 2 Antennen senden, 2 Antennen empfangen und es gibt zwei unterschiedliche Spatial Streams
- 4×2:2 – 4 Antennen senden, zwei empfangen zwei unterschiedliche Spatial Streams
Jetzt wird gerechnet:
- Ein Datenstrom mit einer Antenne – ein 80 MHz breiter Kanal und das Modulationsverfahren 256QAM ergeben 433 MBit
- Mehrere Antennen (bei Sender und Empfänger!) – MIMO und zwei getrennte Datenströme bringen dann den Faktor Zwei – also 867 MBit.
- Mit drei Datenströmen erreicht man dann 1.300 MBit, mit vier Datenströmen dann 1.700 MBit
Wie kommt man jetzt auf knapp 7GBit?
Mathematisch sind das knapp 16x 433MBit – also wird erweitert:
8 Datenströme und eine Kanalbandbreite von 160Mhz. Eigentlich ganz einfach – aber schwierig zu verbauen.
AVM´s neue Fritz!Box 7580 bringt es auf 1.700 MBit im 802.11ac Band. (4×4 MU-MIMO bei 80MHz Kanalbandbreite)
Noch mehr Antennen und Rechenleistung bringt der ASUS RT-AC5300
2x 5Ghz mit Broadcom NitroQAM, MU-MIMO bis 4.3GBit – entsprechender Empfänger vorausgesetzt.
NitroQAM als Modulationsverfahren ist der Nachfolger von TurboQAM (Ein 802.11n Stream bis 200MBit) – braucht man das?
Logisch, Klarer Anwendungsfall: „Mein Accesspoint hat mehr Antennen als Deiner!„
Im Geschäftskunden-Segment bietet Ruckus mit dem r710 auch 4×4 MU-MIMO – in einem deutlich anderen Preissegment. Hier gibt es ein paar interessante weitere Features wie einen Port für ein Bluetooth Low Energy Modul oder eine Triagulation des Users (im Handel verbaut möchte man ja wissen welcher Kunde sich wo aufhält – oder habt Ihr Euch schon gefragt, warum der Baumarkt kostenloses WLAN zur Verfügung stellt, damit man den Bosch Schwingschleifer dann auf Amazon günstiger kaufen kann? Spätestens an der Kasse wird dann die Kreditkarte auf die Mac Adresse vom Smartphone gematched und alles ist gut – Kunde ausreichend gläsern)
In einer einfachen Formel
Die physikalische Datenrate – Datenübertragung per Funkwellen berechnet sich aus:
Anzahl der Spatial Streams multipliziert mit dem Faktor für Kanalbandbreite multipliziert mit dem MCS Faktor geteilt durch das Guard Intervall
Die Datenrate muss nicht gerechnet werden, findet sich auf Wikipedia

Zurück auf Anfang – was ist schneller? Kabel oder Funk?
Antwort: Immer das Kabel – da stört keiner so ungefragt.
Nächste Frage:Warum hat ein Accesspoint mit 4×4:4 MU-MIMO immer nur ein bis max. 2 Gigabit Interfaces, obwohl doch bis 7GBit übertragen werden können?
Es kann immer auf einem Kanal nur gesendet oder empfangen werden – auf dem einfachen Ethernet Kabel geht beides gleichzeitig.Dann sind es immer brutto Datenraten, die von den Herstellern angegeben werden. Netto kann man wieder einiges abziehen.
Mein nächster Artikel zum Thema WLAN enthält sicher wieder mehr Bilder und ist näher an der Praxis….
Wer jetzt immer noch nicht genug hat:
802.11ac
Guard Intervall
MIMO
Spatial Streams
Orthogonales Frequenzmultiplexverfahren
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